Begrüßung von Jonas Mekas

anläßlich der Hamburger Premiere von Peter Sempels Film

"Jonas Mekas in the Desert"

am 10. Nov.1994 im Metropolis, Hamburg

Guten Abend, meine Damen und Herren, ich freue mich, daß Sie gekommen sind, bedanke mich herzlichst bei Peter Sempel, daß er mit der ihm eigenen Energie diesen Abend möglich gemacht hat, und freue mich vor allem, ihnen einen der großartigsten Filmkünstler - und Dichter! - dieses Jahrhunderts vorstellen zu dürfen - Jonas Mekas.

Es ist nicht leicht in diesem Metier Film, das von sich aus einen Hang zu lärmender Aufgeblasenheit zu haben scheint, wahre Größe zu messen, aber wenn in ihm jemandem so etwas zukommt, ist es Jonas. Nun, eine Lobpreisung ist zwar allerschlechteste Rhetorik, aber ich schäme mich nicht, sie einem Mann zukommen zu lassen, dessen Aktivität und Werk das genaue Gegenteil repräsentiert und mir doch am ehesten das zu realisieren scheinen, was man vielleicht das einzig im wahren Wortsinne Gute an diesem verpfuschten Jahrhundert bezeichnen kann:

die Erhaltung der Spezies des wahrnehmenden und unabhängigen Indivduums nämlich, wie sie sich früher vielleicht am deutlichsten in der Stimme des Wahrheit sprechenden Dichters offenbarte.

Jonas gehört zu dieser Spezies, und mehr noch, er hat dieses individuelle Sprechen auf ein Medium ausgedehnt, was bis zu ihm wie kein anderes als prinzipiell arbeitsteilig und darum antiindividuell galt, das Medium Film.

Man sagt wohl zu Recht, nur schlechte Rhetorik könne die Welt verbessern, der wirklichen und wahren Sprache gegenüber aber wäre sie taub. Denn anscheinend gehört es zu Natur des Sprechens, daß es sich erst zum Aufblasen eignet, wenn sich seine Essenz durch Rhetorik verfälscht. Das ist sehr traurig, weil es den Menschen, die es verdienen, nicht den Rang im Leben gibt, den sie eigentlich einnehmen müßten, wenn es auf der Welt gerecht zuginge.

Aber was ist schon gerecht? Neulich habe ich einen Galeristen allen Ernstes Warhol und Beuys bedauern hören, weil sie durch ihr Werk nicht wirklich reich und vermögend geworden seien wie etwa Jasper Johns. Nun das klang ganz schick, aber das Universum ist sicherlich nicht explodiert, damit sich in ihm ohne weiteres derart schäbige Vorstellungen von einer gerechten Welt realisieren - wobei ich mir aber sicher bin, ist, daß es geschaffen wurde, damit die Stimme von Jonas in ihm erklingen kann.

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir - Jonas Mekas!

- K.Wyborny


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